In der Hauptversammlung des letzten Frühjahres wurde ein vereinsinterner Streckenflugwettbewerb ausgerufen. Das Möve-Mitglied mit den zwei punkthöchsten Flügen auf der neuen Streckenflugplattform WeGlide würde einen zweiwöchigen Aufenthalt im Segelflugparadies Bitterwasser/Namibia gewinnen.
Ich war total aus dem Häuschen und unbeschreiblich dankbar für diese Chance! Sofort machte ich mir einen Plan für die kommende Saison um meinem Ziel etwas näher zu kommen. Dabei baute ich vor allem auf das Frühjahr. Denn da gibt es oftmals gute Wetterbedingungen und ich hätte mehr Zeit als im Hochsommer. So sollte es dann aber nicht kommen, denn die Pandemie verhinderte den sicheren Flugbetrieb. Allerdings sah ich für mich nochmal eine Chance Ende Juli. Da hätte ich dann die Möglichkeit auch unter der Woche zu fliegen. Das Ende der Bitterwasser-Challenge war für den 31.7. angesetzt. Das könnte knapp werden! Naja Augen zu und durch…
Und dann war es soweit. Nachdem ich den Sommer hauptsächlich in der Uni und nicht auf dem Flugplatz verbracht hatte und am 19.7 dann auch die letzte Klausur abhaken konnte, stellte sich – siehe da – am 20.7. eine ziemlich gute Wetterlage ein. Also schnell noch einen Schlepppiloten und Flugleiter organisiert und los:
20.07.2021
Das Wetter wurde sehr gut vorhergesagt. Es sollte der beste Tag dieser Großwetterlage werden. Lediglich der Thüringer Wald könnte am Vormittag etwas aufstauen, da die Front noch nicht komplett Richtung Osten rausgezogen war. Aus dem Flug wurden ca. 730km, mit zwei Schlüsselstellen:
1.Schlüsselstelle: Vormittags beim Steigerwald – entgegen der Vorhersage – staute auch dieser schon die Front auf. Es war eben noch etwas zu feucht im Osten. Dennoch war es, der Situation entsprechend, gut fliegbar. Ich flog mich allerdings in eine ungünstige Position, tief vor die Kante des Waldes. Weiterfliegen hätte mich langsam gemacht und so entschied ich mich Richtung Westen zu wenden. Aber auch dort wurde es nicht viel besser. Hier war es schon extrem abgetrocknet und ich flog zunehmend ins blaue. Eine Fehlentscheidung.
2.Schlüsselstelle: Nachmittags im Thüringer Wald. Hier spielte mir die Vorhersage in die Karten. Marvin Gruber war zu dem Zeitpunkt auf dem Heimweg Richtung Obernau. Er berichtete mir, dass mittlerweile alles blau sei. Auch hier (im Thüringer Wald) im Flug nach Norden konnte man keine Wolke in westlicher Richtung erkennen. Laut Vorhersage sollten sich gegen 18 Uhr nochmal ein paar Quellwolken im Spessart bilden. Darauf hoffte ich und wendete im Thüringer Wald erst um 17 Uhr. Nach langen Gleitstrecken und schwachen Bärten konnte ich meinen Endanflug tatsächlich unter Flusen im Spessart bis zum Heimatstartplatz verlängern. Eine richtige Entscheidung.
Der größte Fehler passierte mir dann allerdings im Endanflug. Nämlich hatte ich meinen Flug nicht geschlossen, was mich sehr viele Punkte kostete. Eine solche Punktzahl hätte man auch mit einem 600km Flug erreichen können. Letztendlich ist ja die Punktzahl entscheidend bei der vereinsinternen Bitterwasser-Challenge!
Hier geht es zum Flug: 728 km / Josh Rieger / Altenbachtal 20.07.2021 (weglide.org)
22.07.2021
Für diesen Flug war das Wetter etwas schwächer vorhergesagt. Letztendlich empfand ich es aber besser als prognostiziert. Es war wieder eine Strecke von ca. 730km, allerdings konnte ich diesmal eine etwas höhere Durchschnittsgeschwindigkeit fliegen. (Hier geht es zum Flug: 727 km / Josh Rieger / Altenbachtal 22.07.2021 (weglide.org)) In diesem Flug gab es im Prinzip nur eine Schlüsselstelle:
1.Schlüsselstelle: Nachmittags am Thüringer Wald. Dieser brannte heute gut und man konnte unter den Linien ziemlich Bolzen. Aufgrund von Stundenschnitten um die 140km/h peilte ich die 800km an. Der Schenkel sollte Richtung Kassel verlängert werden. Im Funk wurde allerdings über das Wetter rund um den Spessart und der Rhön ziemlich gejammert: Gute Optik enttäusche mit schlechtem Steigen. Ich wusste genau welche Punktzahl ich heute brauchte und, dass ich sie mit einer Außenlandung nicht erreichen würde. Also entschied ich mich bei Suhl Richtung Heimat zu drehen. Das Wetter enttäuschte trotz der Optik tatsächlich und ich musste erstmal meinen Geschwindigkeitsrausch verlassen. Eine passive Entscheidung, die es aber wert war.
Schlussendlich waren es nur etwa 22 Punkte, die mich auf den 1. Platz der Bitterwasser-Challenge gehoben haben. Meine Freude ist unbeschreiblich. In etwa einem Monat geht es los. Ich freue mich darauf, viele neue Eindrücke des Segelfluges zu erleben und neues zu lernen. Ein großer Dank gilt auch den Mitgliedern des Vereins – vom Vorstand bis hin zum Rückholer – ohne die der Streckenflug nicht möglich wäre. Besonders zu erwähnen ist Angelika Gleich. Sie sponsert diese unglaubliche Möglichkeit in ihrem und dem Namen ihres Mannes Volkmar Gleich, ein langjähriges und sehr engagiertes Mitglied bei der Möve Obernau. In meinem Namen und auch von der gesamten Möve: Vielen Dank!
Autor: Joshua Rieger
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